Wie man es macht

Apologie Des Sokrates Kapitel 16 Bis 20

Teils wird die Ironie als bloße Spielerei, teils als von der Situation und den Anliegen des Autors geforderte Doppelbödigkeit interpretiert. Gegner eines ironischen Verständnisses betonen den Wahrhaftigkeits- und Schlichtheitsanspruch des platonischen Sokrates. Im Mittelalter war die Apologie der lateinischsprachigen Gelehrtenwelt des Westens nicht zugänglich.

apologie des sokrates kapitel 16 bis 20

Gar besser – und nur dies erwägt und acht darauf habt, ob das recht ist oder nicht, was ich sage. Denn dies ist des Richters Tüchtigkeit, des Redners aber, die Wahrheit zu reden. Heitsch (S. 134) folgt einer vereinfachenden Lesart des Arginusen-Prozesses, die den komplizierten Verfahrensfragen (vgl. Bleckmann, B., Athens Weg in die Niederlage, Stuttgart 1998, S. 558ff.) schwerlich gerecht wird. Dass Sokrates nach der Entscheidung über das Strafmaß noch einmal eine – in der Verfahrensordnung nicht vorgesehene – dritte Rede gehalten hat, kann man in dieser Form ausschließen.

Platons Philosophisches Lebensideal

Aristoteles zitierte Platons Werk in seiner Rhetorik; er führte eine Beweisführung des platonischen Sokrates im Verhör des Meletos als Musterbeispiel einer reductio ad absurdum auf. Anschließend legt Sokrates seine Überzeugungen über den Sinn seines Lebens und über den Tod ofrecer. Zunächst geht er auf die mögliche Vorhaltung ein, er habe sich unbesonnenerweise auf eine Betätigung eingelassen, die ihn nun in Lebensgefahr bringe. Dagegen wendet er ein, dass die Gefährlichkeit eines Vorhabens kein Entscheidungskriterium sein dürfe. An dieran Grundsatz habe er sich auch gehalten, als er für seine Heimatstadt Kriegsdienst leistete.

Er fordert die Richter auf, weniger darauf zu achten, wie er spricht, sondern vor allem darauf, was er sagt. Wir finden, bewerten und fassen relevantes Wissen zusammen und helfen Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen. Zu Beginn seiner Verteidigungsrede spricht Sokrates seine Bewunderung für die Sprache der Ankläger aus, merkt aber an, daß diera „schönen“ Worte nicht der Wahrheit entsprochen hätten.

Eine Ausgabe von Platons «Apologie», die nach den Vorgaben der Reihe aus Übersetzung und Stellenkommentar besteht, ist nicht das Genre, in dem eine systematische Erörterung dieser Fragen erwartet werden kann. Da es sich bei dem Herausgeber um einen ausgewiesenen Kenner des athenischen Rechtssystems handelt, lohnt es sich jedoch, seine verstreuten Bemerkungen zu dieran Fragen zusammenzustellen. Xenophons «Apologie» hält er für weitgehend abhängig von derjenigen Platons (S. 190), die Passagen zum Sokrates-Prozess in den «Memorabilien» für historisch wertlos, da sie sich auf die spätere, fiktive Anklageschrift des Polykrates beziehen (S. 191f.). Sich-Absetzen von den Naturphilosophen (endend mit einer summarischen Zurückweisung der Anklagepunkte).

Jacques-louis David: Der Tod Des Sokrates

Dazu bringt er vor, ihm solle das zuerkannt werden, was er tatsächlich verdiene, und das müsse etwas Gutes sein, denn er sei ein Wohltäter der Allgemeinheit. Er sei entschlossen, niemand absichtlich Unrecht zu tun, also auch nicht sich selbst; somit könne er keine Strafe vorschlagen, wenn er keine verdient habe. In die Verbannung zu gehen sei für ihn sinnlos, denn anderswo würde er seine bisherige Lebensweise fortsetzen und daher dasselbe Schicksal erleiden wie in Athen.

Eingeführt wurde, bildet die Apologie zusammen mit den Dialogen Euthyphron, Kriton und Phaidon die erste Tetralogie . Da alle vier Werke die Verhältnisse zur Zeit von Sokrates’ Anklage, Prozess und Hinrichtung thematisieren, war ihre Zusammenstellung in einer Tetralogie offenbar inhaltlich begründet. Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios zählte die Apologie zu den „ethischen“ Schriften Platons. Er erwähnte, dass sie oft an den Anfang des Lektüreplans der Philosophieschüler gestellt wurde, also unter didaktischem Gesichtspunkt als geeignete Einführung in die platonische Philosophie galt. Nicht nur für die Platoniker, sondern auch für andere philosophische Richtungen, die sich im Zeitalter des Hellenismus entfalteten, war Sokrates durch seine Standhaftigkeit vor Gericht ein Leitbild.

Sein in der Apologie dargelegtes Verhalten angesichts der drohenden Todesstrafe demonstrierte die Einheit philosophischer Theorie und Praxis. Das Auftreten des Angeklagten verlieh dem Ideal einer von Selbstbeherrschung und vernünftiger Überlegung bestimmten philosophischen Lebensform Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Schwerwiegender als die gegenwärtige Anklage seien die anonymen Beschuldigungen, die schon seit langem gerüchteweise von vielen Verleumdern verbreitet würden. Die dadurch entstandenen Vorurteile hätten zu einer generellen Voreingenommenheit geführt, gegen die er nun ankämpfen müsse. Zu seinem schlechten Ruf habe auch seine Verspottung durch den Komödiendichter Aristophanes beigetragen.

Gegenschätzung Des Sokrates

Aller Wahrscheinlichkeit nach war Platon bei der Verhandlung zugegen gewesen und hatte die Verteidigungsrede gehört, die Sokrates vor Gericht, der damaligen Sitte folgend, selbst hielt. Neben Platons Apologie gilt die von Xenophon in den 60er Jahren des vierten Jahrhunderts geschriebene Verteidigungsrede als die bedeutendste. Bei allen Unterschieden zwischen den Werken zeigen sie Sokrates übereinstimmend als einen selbstbewussten, kompromisslosen Redner, der den Tod nicht fürchtet. Gedachte ich bei mir selbst, als dieser Mann bin ich nun freilich weiser.

Zur Erklärung wird in der Forschungsliteratur hervorgehoben, dass weder das Orakel noch das Daimonion positive Anweisungen gab. Das Orakel beantwortete nur eine Frage nach der Weisheit unter den Menschen und das Daimonion sprach nur Warnungen vor einzelnen Schritten aus. Die Überzeugung des Sokrates, er führe mit seiner philosophischen Aktivität eine göttliche Anweisung aus, konnte somit nicht mit einem direkten Befehl der Gottheit begründet werden.

Für historisch hält Heitsch dagegen den Antrag auf eine Geldstrafe in der exorbitanten Höhe von dreißig Minen, für welche die anwesenden Freunde (einschließlich Platon) aufkommen wollen (S. 153). Heitsch verwickelt sich hier in einen Widerspruch, weil er diera Reaktion nun doch wieder mit dem vorausgegangenen Vorschlag des Sokrates auf Ehrung erklärt (S. 154 mit Verweis auf S. 148, Anm. 305, 307). So hat Hegel die Verurteilung des Sokrates für unausweichlich gehalten, weil dieser mit seinem subjektiven Wahrheitsanspruch die sittlichen Grundlagen der Gesellschaft untergraben habe. Nietzsche sah die Gemeinsamkeit der Prozesse gegen Sokrates und Jesus darin, dass «die zwei größten Justizmorde in der Weltgeschichte […], ohne Umschweife gesprochen, verschleierte und gut verschleierte Selbstmorde» sind. «In beiden Fällen wollte man sterben; in beiden Fällen liess man sich das Schwert durch die Hand der menschlichen Ungerechtigkeit in die Brust stossen.» Die «politische Weisheit» tritt ergänzend zur «menschlichen Weisheit».

Demgegenüber stellt er die Sprache seiner eigenen Rede, die in „unausgesuchten Ausdrücken“ bestehen würde, dafür aber die Wahrheit enthalten würde. Aufgrund seiner Fremdheit und Unerfahrenheit mit der Gerichtssprache – insbesondere da er zum ersten Male vor Gericht steht – benutzt Sokrates die normale Alltagssprache. Betrachtet man den Verlauf des Prozesses durch diese Reden, entdeckt man drei geistige Schichten. Im Vordergrund ist Sokrates als Angeklagter am Gericht zu sehen, dem religiöse Frevel und Irreleitung der Jugend zur Last gelegt werden. Eigentlich scheint es eher ein geistiger Gerichtshof zu sein, an dem Sokrates vor dem delphischen Gott Apollon Rechenschaft über seine Tätigkeit als Philosoph und somit der Ausführung seiner Sendung abgibt.

Sollte man ihn unter der Bedingung begnadigen, in Zukunft die Hände von der Philosophie zu lassen, so würde er die Begnadigung ablehnen, denn er gehorcht nicht den Menschen, sondern allein dem göttlichen Auftrag. Solange er atmet, wird er philosophieren und den Menschen ins Gewissen reden, dass sie sich weniger um Geld, Ehre und Ansehen und mehr um Wahrheit, Vernunft und ihre Seele kümmern sollten. Falls man ihn aber zum Tod verurteilt, wäre der Schaden groß – weniger für ihn als für die Gemeinschaft.

Vielmehr war sie das Resultat einer Folgerung, die der Philosoph aus dem Orakelspruch und verschiedenen mutmaßlichen Anzeichen des göttlichen Willens zog. Die Folgerung stimmte völlig mit dem überein, was er von sich aus für richtig hielt. In der neueren Forschung wird daher betont, dass sich der platonische Sokrates von seiner eigenen Urteilskraft leiten ließ. Er unterwarf die Hinweise, denen er göttlichen Ursprung zuschrieb, im Zweifelsfall philosophischer Untersuchung und interpretierte sie im Licht seiner diskursiv gewonnenen Einsichten. Ein innerer Konflikt entstand dabei nie, da der erschlossene Wille der Gottheit stets mit den Ergebnissen der philosophischen Reflexion übereinstimmte oder ihnen zumindest nicht widersprach. Und hieraus könnt ihr ersehen, dass es ebenso auch mit allem übrigen steht, was die Leute von mir sagen.

In der ersten Rede erörtert er die zu diesem Zeitpunkt noch offene Frage seiner Schuld. In der zweiten, nach dem Schuldspruch gehaltenen Rede befasst er sich mit dem Strafmaß, dessen Festsetzung nun ansteht. Die dritte Rede ist sein Schlusswort nach der Verhängung der Todesstrafe. Stark umstritten ist in der modernen Forschung die Frage, inwieweit Platons Apologie trotz ihres literarischen, fiktionalen Charakters auch eine zumindest teilweise verlässliche Quelle darstellt, deren historischer Kern brauchbare Informationen über den Prozess liefert.