Wie man es macht

Aus Dem Leben Eines Taugenichts Kapitel 6

– Da überfiel mich ein ordentliches Grausen vor dem einsamen Hause und Garten und vor der gestrigen weißen Gestalt. Ich lief, ohne mich weiter umzusehen, durch die stillen Lauben und Gänge, und kletterte geschwind wieder an dem Gartenthor hinauf. Aber da blieb ich wie verzaubert sitzen, als ich auf einmal von dem hohen Gitterwerk in die prächtige Stadt hinunter sah.

Die Romantiker selbst sahen sich in einem geschichtlichen Bruch. Die Aufklärung drohte – nach Darstellung der Romantiker – den Menschen von sich selbst zu entfremden, zu vereinsamen und hilflos dieser Entwicklung gegenüber zu stehen. Die Gesellschaft war ihrer Empfindung nach gespalten in eine Welt von Zahlen und Figuren und in die Welt der Gefühle und des Wunderbaren. Die Romantiker hatten eine Sehnsucht die Welt von diesem Zwiespalt zu heilen, sie versuchten diese Spaltung aufzuheben, die Welt zu vereinen und die Gegensätze zusammenzuführen.

Ich befahl meine Seele dem lieben Gott, denn das verworrene Getümmel wurde immer lauter und näherte sich immer mehr und mehr. Endlich stürzte der Student mit einer Fackel unter meinem Baume vorüber, daß ihm die Rockschöße weit im Winde nachflogen. Dann schienen sie sich alle nach und nach auf eine andere Seite des Berges hinzuwenden, die Stimmen schallten immer ferner und ferner, und der Wind rauschte wieder durch den stillen Wald. Da stieg ich schnell von dem Baume herab, und lief athemlos weiter in das Thal und die Nacht hinaus. Als ich so voll Sorgen auf dem Bette saß, hörte ich auf einmal seit langer Zeit wieder die Nachtmusik unter meinen Fenstern. Bei dem ersten Klange der Guitarre war es mir nicht anders, als wenn mir ein Morgenstrahl plötzlich durch die Seele führe.

aus dem leben eines taugenichts kapitel 6

Unverhofft Deutsch sprechen hörte, war es nicht anders im Herzen, als wenn die Glocke aus meinem Dorfe am stillen Sonntagsmorgen plötzlich zu mir herüber klänge. “ rief ich aus und sprang voller Vergnügen von dem steinernen Brunnen herab. Der junge Mann lächelte und sah mich von oben bis unten an. Da wußte ich nun nicht gleich, was ich sagen sollte, denn daß ich so eben der schönen gnädigen Frau nachspränge, mocht’ ich ihm nicht sagen.

Herr Leonhard meinte unterwegs, ich hätte meine Kleider ausgewachsen. Er holte daher geschwind andere aus seinem Mantelsack hervor, und ich mußte einen ganz neuen schönen Frack und Weste anziehn, die mir sehr vornehm zu Gesicht standen, nur daß mir alles zu lang und weit war und ordentlich um mich herum schlotterte. Auch einen ganz neuen Hut bekam ich, der funkelte in der Sonne, als wär’ er mit frischer Butter überschmiert. Dann nahm der fremde grämliche Herr die beiden Pferde der Maler am Zügel, die Maler sprangen in den Wagen, ich auf den Bock, und so flogen wir schon fort, als eben der Postmeister mit der Schlafmütze aus dem Fenster guckte.

Er bemerkte mich nicht, und spielte sehr geschickt auf einer Zitter, die er im Hause gefunden haben mußte, und sang dann dazu wie eine Nachtigall. Nur eine hohe Espe zitterte und flüsterte mit ihren silbernen Blättern in einem fort. Auch Menschenstimmen hörte ich zuweilen im Garten, die kamen oft ganz nahe an mich heran, dann wurde es auf einmal wieder ganz still. „Da schickt Euch die vielschöne gnädige Frau was, das sollt Ihr auf ihre Gesundheit trinken.

Aus Dem Leben Eines Taugenichts – Kapitel 6: Translation And Lyrics – Joseph Von Eichendorff

Zu seinem Entsetzen muss er aber feststellen, dass ihn eine fremde Italienerin eingeladen hat. Die Zofe hatte ihre Herrin gewechselt, weiß aber mit Sicherheit, dass die junge Gräfin Aurelie nicht in Rom ist. Der Taugenichts ist enttäuscht und möchte Italien wieder verlassen, weil sich dieses Land für ihn als hinterhältig und falsch erwiesen hat.

Nur die eine Magd – wie ich aus ihren Zeichen und Gestikulationen zusammenbringen konnte – hatte bemerkt, daß der Herr Guido, als er gestern Abends auf dem Balkon sang, auf einmal laut aufschrie, und dann geschwind zu dem andern Herrn in das Zimmer zurückstürzte. Als sie hernach in der Nacht einmal aufwachte, hörte sie draußen Pferdegetrappel. Ich schlug die Augen auf, und erblickte den jungen Maler, der im funkelnden Morgenlicht über mich hergebeugt stand, so daß beinah nur die großen schwarzen Augen zwischen den herabhängenden Locken zu sehen waren.

Kapitel 3

„Wahrhaftig noch ganz der Alte, ohne allen welschen Beischmack! “ rief sie plötzlich zu der schönen gnädigen Frau, „Violine, Wäsche, Barbiermesser, Reisekoffer, alles durcheinander! “ Sie drehte mich dabei nach allen Seiten, und konnte sich vor Lachen gar nicht zu Gute geben. Die schöne gnädige Frau war unterdeß noch immer still, und mochte gar nicht die Augen aufschlagen vor Schaam und Verwirrung. Vor dem Posthause schon ein prächtiger Wagen mit vier Postpferden bespannt.

Wie in aller Welt, dachte ich, kommt die nur jetzt hierher? Wenn nun die liebe schöne gnädige Frau die Blumen abholt, – das wird eine schöne Geschichte werden! Ich hätte am Ende weinen mögen vor Aerger über den ganzen Spektakel. Es war mir schauerlich und seltsam zu Muthe, als wenn ich jemanden bestehlen wollte.

„Ich treibe,“ erwiederte ich, „mich selbst ein bischen herum, um die Welt zu sehn.“ – „So so! “ versetzte der junge Mann und lachte laut auf, „da haben wir ja ein Metier. Das thu’ ich eben auch, um die Welt zu sehn, und hinterdrein abzumalen.“ – „Also ein Maler! “ rief ich fröhlich aus, denn mir fiel dabei Herr Leonhard und Guido ein. „Ich denke,“ sagte er, „Du gehst mit und frühstückst bei mir, da will ich Dich selbst abkonterfeyen, daß es eine Freude seyn soll! “ – Das ließ ich mir gern gefallen, und wanderte nun mit dem Maler durch die leeren Straßen, wo nur hin und wieder erst einige Fensterladen aufgemacht wurden und bald ein paar weiße Arme, bald ein verschlafnes Gesichtchen in die frische Morgenluft hinausguckte.