Es fehle dabei jedoch die Vorfrage, ob nicht durch die Erfindung der Photographie und später durch die Entwicklung zum Tonfilm „der Gesamtcharakter der Kunst sich verändert habe“. Im Anschluss verweist Benjamin auf die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise durch Karl Marx, der prognostiziert hatte, der Kapitalismus werde künftig Bedingungen herstellen, „die die Abschaffung seiner selbst möglich machen“. Erst in der zeitgenössischen Gegenwart würde, nach mehr als einem halben Jahrhundert, „auf allen Kulturgebieten die Veränderung der Produktionsbedingungen zur Geltung“ gebracht. Zur gleichen Zeit begannen die technischen Neuerungen zunehmend den Alltag zu beeinflussen. Die Illustrierten mit ihren großflächigen Fotos entwickelten sich zum beliebten Unterhaltungsmedium. Zeitungen erschienen mehrmals täglich, um dem Informationshunger der Massen und einem wachsenden Aktualitätsdruck standzuhalten.
Für die Gegenwart liegen die Bedingungen einer entsprechenden Einsicht günstiger. Und wenn Veränderungen im Medium der Wahrnehmung, deren Zeitgenossen wir sind, sich als Verfall der Aura begreifen lassen, so kann man dessen gesellschaftliche Bedingungen aufzeigen. Ihm möglich, dem Aufnehmenden entgegenzukommen, sei es in Gestalt der Photographie, sei es in der der Schallplatte. Die Kathedrale verläßt ihren Platz, um in dem Studio eines Kunstfreundes Aufnahme zu finden; das Chorwerk, das in einem Saal oder unter freiem Himmel exekutiert wurde, läßt sich in einem Zimmer vernehmen. Zu den Ausgaben der letzten autorisierten Fassung, auch „Dritte Fassung“ genannt, siehe Redaktionsgeschichte und Literatur. Zur Ausstellbarkeit des reproduzierten Kunstwerks, analoge Überlegungen bei Brecht, in der französischen Druckfassung war diera Anmerkung gestrichen.
So entstand in dieser Zeit auch ein geschärfter ideologischer Kampf in Kunst und Kultur, der sich in zahlreichen Schriften ausdrückte, zum Beispiel durch Siegfried Kracauer, László Moholy-Nagy oder Rudolf Arnheim. Der Begriff „Kulturerbe“ wird bei Benjamin, wie auch von anderen deutschen Intellektuellen und Künstlern in den 1930er und 1940er Jahren, als Bezeichnung für die Aneignung der kulturellen Überlieferung in der Gegenwart verwendet. Damit sollte die Tradition der europäischen Aufklärung entgegen ihrer „Verunglimpfung durch die Nationalsozialisten“ betont werden. Er hat damit im Aufsatz eine etwas andere Bedeutung als der heute gebräuchliche Begriff vom Kulturerbe, der ein schützenswertes Kulturgut bezeichnet.
Die Kraft Der Kunst
Zudem verliere in dieran Prozessen das Kunstwerk seine Aura, was in der Folge wiederum die soziale Funktion der Medien verändere. Die menschliche Sinneswahrnehmung hat sich im Lauf der Geschichte verändert. Die Menschen der großen Völkerwanderungen, der spätrömischen Antike oder der Wiener Moderne bewunderten nicht nur jeweils eine andere Kunst, sondern hatten auch eine andere Art der Wahrnehmung.
Während die Bildung und das gebildete Zitat ansonsten in Misskredit geraten waren, lebten sie stellvertretend in Benjamin noch einmal auf. Eine Geistesgeschichte der Bundesrepublik könnte ohne ein Kapitel über die Rezeption Walter Benjamins nicht geschrieben werden. Von Gewicht sind daher Lindners Anmerkungen zu Benjamins anthropologischem Materialismus. Benjamin ging demnach nicht von einer existenziellen Sinnkrise „des Menschen“ aus wie andere philosophisch-anthropologische Ansätze seiner Zeit.
So geht er in seinem 1916 verfassten Aufsatz Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen davon aus, dass Sprache nicht auf die Äußerungen von Menschen begrenzt ist, sondern auch Gegenstände eine Aussage haben. Der Gedanke findet sich 1920 in seiner Dissertationsschrift Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik wieder, wenn er beschreibt, dass auch die Erkenntnis und Vermittlung von Kunst an Medien gebunden ist. In dem Werk Einbahnstraße aus dem Jahr 1928 setzt Benjamin sich, neben Überlegungen zur Medialität von Sprache und Literatur, mit der Entwicklung von Photographie und Largometraje auseinander. Mit seiner Veröffentlichung Kleine Geschichte der Photographie zog er bereits 1930 ein historisches Resümee. Der Begriff „Apperzeption“ bezeichnet bei Benjamin „die Aneignung eines Gegenstands durch das Zusammenspiel von sinnlicher und geistiger Wahrnehmung.“ Ebenso benutzt er die Wörter „Wahrnehmung“ und teilweise auch „Rezeption“ in diesem Kontext. Er macht keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Wahrnehmung von Gegenständen in der Natur und der Rezeption von Kunstwerken, auch wenn letztere im Vordergrund steht.
Während das historische Kunstwerk in seinem Wesen und Wirken durch die manuelle Reproduktion bisher unberührt blieb, tritt nun ein radikaler Wandeln ein. Die technische Reproduktion zeichnet sich durch mehr Selbständigkeit gegenüber dem Original aus. In seinem bekanntesten Aufsatz beschreibt Walter Benjamin die ästhetischen, sozialen und geschichtlichen Prozesse, die mit der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken einhergehen. Die Wahrnehmung von Bildern verändert sich laufend, denn die Darstellung von Wirklichkeiten unterliegt den Reproduktionsmöglichkeiten und -prozessen.
Kunst durchlebt damit eine entscheidende Funktionsneuerung, weg vom elitären Anspruch einer begüterten Minderheit, wo es schlichtweg als schick galt, es ein Privileg war, sich Kunst leisten zu können, um am „öffentlichen“ Leben teilzuhaben. Kunst ist nun Gemeinschaftserlebnis, über das gesprochen und das kritisiert wird. Daraus erwächst der Anspruch das neuen Kunstwerkes auf die breite Masse.
Perspektiven Der Kunstphilosophie
Der Endfassung fügte er eine große Anzahl neuer Anmerkungen hinzu sowie das Motto von Valéry, außerdem nahm er eine Umstrukturierung vor, das ehemalige Kapitel I wurde zum Vorwort, das letzte Kapitel zum Nachwort. Insgesamt konzentriert sich die letzte Fassung stärker auf die Auseinandersetzungen der Kunst- und Filmtheorien. Während der Auseinandersetzungen um die Redaktion für die Zeitschrift für Sozialforschung fand auch zwischen Benjamin und Theodor Adorno, als Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung, ein Briefwechsel statt. Februar 1936 die Vorlage für die französische Übersetzung, mit zahlreichen eigenen Änderungen und Erweiterungen versehen, nach New York sandte.
In Über einige Motive von Baudelaire aus dem Jahr 1939 hinterfragt er das Verhältnis von „Chock“ und Erfahrungsbildung. Der Aufsatz entstand 1935, in einer Zeit, in der sich der Nationalsozialismus im Deutschen Reich konsolidierte. Der totalitäre Staat bediente sich dabei, unter umfassender Bestätigung aller Schichten der Bevölkerung, des Ausdrucks der Massen und betrieb zum Beispiel mit dem Führerkult eine bewusste „Ästhetisierung der Politik“, wie Benjamin es nannte. Zugleich bildeten sich in Frankreich und in Spanien Bewegungen der Volksfront, um die Demokratie zu retten und gegen den Faschismus Widerstand zu leisten. Die Sowjetunion hingegen stand am Vorabend der „Säuberungen“ unter Stalin.
Ausgewählte Schriften Zur Diktatur Der Kunst
Mit dem eigenen Bildnis Glanz und Ruhm für die Nachwelt zu erhalten, bedienten sich Herrscher, Adel und später das Bürgertum der Kunst. So wurde aus dem kultischen Ursprung ein „profaner Schönheitsdienst“, der aber nach wie vor von der Aura der Einzigartigkeit des Dargestellten beseelt ist. Jedes manuell produziertes Kunstwerk, sein es auch unter noch so dubiosen Umständen entstanden und als solches durch seine Art schwer zu fassen, birgt durch seine Einmaligkeit eine Aura in sich. Die Porträtfotografie ist die letzte Bastion der Aura im Rahmen der technischen Reproduktion, da hier mit dem Antlitz das Leben des Fotografierten eingefangen wird.
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ist der Titel eines Aufsatzes des Philosophen Walter Benjamin, den er 1935 im Pariser Exil verfasste. Er erschien erstmals 1936 unter dem Titel L’œuvre d’art à l’époque de sa reproduction mécanisée in der Zeitschrift für Sozialforschung, in einer redaktionell überarbeiteten und gekürzten französischen Übersetzung. Sollte Ihr Anliegen nicht dabei sein, finden Sie weitere Auskünfte zu Ihren Fragen auf unseren Serviceseiten. Vor etwa siebzig Jahren niedergeschrieben und in einer französischen Übersetzung in der «Zeitschrift für Sozialforschung» veröffentlicht, hat es bis in die sechziger Jahre gedauert, bis der Text seine Wirkung ganz entfalten konnte. Zweifellos war er eine der Hauptstützen des Nachruhms von Walter Benjamin. Er lieferte Stichworte, ohne die zeitweise keine Diskussion zur Lage der Kunst auskam.