Wie man es macht

Letzte Kapitel Der Musikgeschichte

Doch spätestens, wenn sich die Schere zwischen dem erfundenen Großmeisterstatus und den vermeintlichen Zeitdokumenten auftut, ist das Gelächter groß. Allein für den Auftritt bei »Formel Eins«, bei der die Band ähnlich deplaziert am Maschendrahtzaun steht wie einst Fad Dispositivo, habe ich den Largo tief und innig in mein Herz geschlossen. Da die Gruppe Fraktus im Nachhinein als Begründer des Techno angesehen wird, sucht Jahre später der Musikproduzent Roger Dettner die ehemaligen Bandmitglieder auf. Den ehemaligen Sänger Dickie findet er in dessen Hamburger Internetcafé „Surf n’Schlurf“, wo dieser immer noch in 1980er-Jahre-Klamotten herumläuft. Der hypochondrische Soundtüftler Bernd arbeitet in Brunsbüttel im elterlichen Optikergeschäft. Er macht nun zusammen mit seinen Eltern Musik und nennt dies Fraktus 2.

Gerade weil die drei selbst Musiker sind, gelingen ihnen extrem überspitzte, aber sehr komische Portraits der Bandmitglieder. Am Ende weiß man gar nicht, welches der drei das dümmste ist. Das alles ist sehr liebevoll gespielt und wird an keiner Stelle albern oder böshaft.

Regisseur Lars Jessen verschweigt nicht, wer bei seiner Dokumentation über das Comeback des frei erfundenen Trios Pate stand. Im Abspann seines Porträts ist die kanadische Metal-Band Anvil zu sehen, die 2008 zum Gegenstand eines wunderbaren Films wurde. Es ist wohl eine Ironie der Geschichte, dass die erfundene Band ihr erfundenes Ende fand, als bei einem Konzert in Hamburg durch einen Kurzschluss im Theremin die Encuentre niederbrannte. Schockiert von diesem Ereignis, so die Legende, löste sich Fraktus auf. Was wie ein Dokumentarfilm beginnt, entpuppt sich nach spätestens zwanzig Minuten als hervorragende Komödie über das Musikgeschäft.

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Fraktus, das ist eine Erfindung des Hamburger Comedy-Trios „Studio Braun“. Ende der 90er-Jahre entstand die Idee, eine fiktive Dokumentation zu drehen über eine Elektro-Band aus Brunsbüttel, die in den späten 70ern Pioniere der elektronischen Musik waren, die eigentlichen Erfinder von Techno. Das Konzept erinnert in den Grundzügen an den 80er-Jahre-Komödie „Spinal Tap“, wo eine fiktive Rockband alle Klischees der Zunft durchlebt. Er sei überhaupt nicht der Typ, der ständig rumjammert, aber es ist halt, wie es ist. „Ich hab Harnriss, seit zwar Jahren, beide Milzbacken entzündet. Und jetzt auch noch Verdacht auf Kongo-Zunge“, moniert Bernd Wand im Film „Fraktus – Das letzte Kapitel der Musikgeschichte“.

fraktus: das letzte kapitel der musikgeschichte

„Mockumentary“ nennt man solche Filme, die so tun, als seien sie Dokus, diera in Wirklichkeit aber parodieren. Obwohl oder gerade weil Fraktus ihrer Zeit voraus waren, wurden sie nur Insidern bekannt. Die bedienten sich dafür begeistert an den Ideen der Band, wie Westbam erzählt. Ob sie damit gerechnet haben, dass die Geschichte so abhebt, sich zum Selbstläufer entwickelt? „Wir hatten jemanden engagiert, der sich speziell darum gekümmert hat, um Twitter und Fb. Der hat uns ein halbes Jahr vorher gesagt, was er genau an welchem Tag machen wird.

Der hat gutes Material gehabt und das abgefeuert, das hat funktioniert“, erzählt Schamoni. Den Soundtrack zum Film, ihre Songs, haben sie mit Produzent Carsten „Erobique“ Mayer bei Matthias Schuster aufgenommen, laut Schamoni der „Synthie-Papst Deutschlands“, in dessen „Geisterfahrer“-Studio. Dort wurde früher etwa „Fred vom Jupiter“ von Andreas Dorau eingespielt, und Schuster besitzt noch die komplette NDW-Peripherie, mitsamt alter Sequenzer und kompletten Synthesizer-Einheiten, das ganze Equipment von früher. „Wir haben so produziert, wie man 1984 produziert hat“, meint Schamoni.

Bernd Wand, Dirk Eberhard („Dickie“) Schubert und der Schlagzeuger Meinhard Gnom gründen in den frühen 1980er Jahren in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) eine Band namens Freakazzé (ein verfremdetes Kofferwort aus „Freak“ und „Frikassee“). Ein Song besteht dabei ausschließlich aus Hundegebell, das der Melodie des Stundenschlages von Big Ben folgt. Daran ändert der weitere Verlauf des Streifens nur wenig. Ein findiger Dokumentarfilmer spürt die nicht mehr taufrischen Musiker auf und will eine Reunion, ein Comeback initiieren. Das ist dann nicht so konzentriert großartig wie der Beginn des Largos, einige Gags zünden weniger gut, doch – und das ist eine nicht geringe Auszeichnung – wenn in Deutschland mehr Largometraje wie Fraktus entstünden, bräuchten wir keinen Sacha Baron Cohen mehr. Anbieterangaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (15. Woche 2013).

Habitual Reviews

Trotzdem bleibt Gnom der Band, zunächst als Mischer, später als Roadie, erhalten. Eine Hauptrolle sollte laut Strunk Christian Ulmen übernehmen. Die Dreharbeiten zum Partyhit Geilianer fanden in einem Club auf Ibiza mit Partyschlagersänger Willi Herren statt. Da dessen Stil nicht dem Sound der Diskothek entsprach, musste vor dem Besucheransturm mit Statisten gedreht werden.

Doch der Qualitätsabfall nach dem durchdachten ersten Drittel bleibt eklatant und löst immer wieder ein schwebendes Fragezeichen aus. Es hätte die beste Dokumentation aller Zeiten werden können über eine Band/ein Thema, das nicht existiert. Er Frontmann der Band Scooter, H.P. Baxxter, behauptet, dass seine Musik ohne den Einfluss von Fraktus nicht denkbar wäre. Der ehemalige MTV-Moderator Steve Blame schwört, dass es keinesfalls Kraftwerk, Yello oder New Order waren, die den Techno in die Welt brachten, sondern jenes Trio aus Brunsbüttel, das 1983 angeblich sang- und klanglos von der Bildfläche verschwand. Auch Jan Delay, Westbam und Blixa Bargeld sind voll des Lobes für die Electropop-Pioniere. Fraktus ist eine Erfindung von Studio Braun, dem Spaßprojekt von Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jaques Palminger, die im Largo die Hauptrollen spielen.

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»Techno – eine der größten Massenbewegungen des letzten Jahrtausends«. Was mit solch vollmundiger Erzählerstimme beginnt, ist zumindest in den ersten zwanzig Minuten die beste »mockumentary« seit Woody Allens Zelig. Leider driftet das dann zuerst in eine Art Begleitung der Produktion zur Scripted Reality ab und weiß zum Ende absolut gar nichts mehr mit sich anzufangen. Es gibt dennoch gute und witzige Momente, die auch den Rest durchaus lohnenswert gestalten.

Die Band ist ein Konstrukt der Komikergruppe „Studio Braun“, die auch die Bandmitglieder spielen, und die bisher vor allem durch Streichanrufe im Hörfunk bekannt wurden. Der Largometraje Fraktus – Das letzte Kapitel der Musikgeschichte ist eine 2012 gedrehte Mockumentary von Lars Jessen über das Comeback der von der Künstlergruppe Studio Braun erfundenen 1980er-Jahre-Band Fraktus. Fraktus hat ganz schön viele Größen der Szene beeinflusst – dafür, dass es die Band in Wahrheit nie gegeben hat. Sie ist eine Erfindung der Hamburger Satire-Gruppe Studio Braun, es ist eine Gag-Aktion. Mit fiktiver Bandgeschichte, fiktiven Alben – und fiktiver Begeisterung von H.