In dieser Phase der „totalen Introversion“ verfasst Andersch erste literarische Skizzen. Andersch drängt seine Frau zur Scheidung, da die Ehe seit einiger Zeit zerrüttet ist und er sich dadurch erhofft, endlich als Schriftsteller etwas veröffentlichen zu können. Damit überlässt er seine Frau und die gemeinsame Tochter ihrem Schicksal, der Deportation. Im Mai 1944 wird Andersch nach Italien an die Front geschickt, am 6.
Ihr Versuch, den Steuermann des einzigen schwedischen Dampfers für ihr Anliegen zu gewinnen, scheitert. Gregor wird auf Judith aufmerksam und fühlt sich beflügelt von der Idee, die Holzskulptur und das Mädchen zu retten. Um der Erstarrung zu entgehen, die ihn erfasst hat, ist Knudsen inzwischen bereit, die Figur außer Landes zu bringen.
In dem Ostseehafen Rerik treffen im Herbst 1937 sechs unterschiedliche Gestalten aufeinander. Über jedem Kapitel steht als Überschrift der Name einer oder mehrerer der fünf menschlichen Hauptfiguren, womit die kapitelweise wechselnde Figurenkonstellation angekündigt wird. Sie richtet sich durchgängig nach dem Schema Der Junge – andere Person – der Junge – andere Person usw.
Gregor spricht Judith an und verspricht ihr, sie außer Landes zu bringen. Gregor erscheint mit der Holzfigur und dem Mädchen am vereinbarten Treffpunkt, wo »der Junge« ihn erwartet. Unbemerkt von der Polizeipatrouille rudern sie zum Kutter hinüber.
Knudsens Auffassungen und Ansichten sind erd- und ortsverbunden, er muss und will mit den Menschen auskommen, unter denen er lebt. Er denkt langsam und an den Ergebnissen seiner Überlegungen hält er fest. Knudsens fünfzehnjähriger Lehrling, der nur »der Junge« genannt wird, sehnt sich danach, das enge und langweilige Rerik zu verlassen und in die Welt hinauszugehen.
Kurz vor dem Kuss, der erste für Gregor seit Jahren, betritt Helander die Kirche. Dieser leidet in dieser Nacht starke Schmerzen in seinem Bein, welches er sich im Krieg verletzt hat. Er weiss, dass er zu schwach ist, um mit Gregor und Knudsen zu fliehen, doch er will unbedingt sicherstellen, dass der Klosterschüler gerettet wird. So gibt er noch letzte Anweisungen an Gregor und Judith und lässt die beiden in der Folge mit der Skulptur ziehen.
Er entscheidet sich sofort dafür, dass die Insel Sansibar der letzte Grund ist, warum er fliehen will. Kritisiert wurde der Roman wiederholt dafür, dass er die Nazis nicht beim Namen nannte, sondern stets als «die Anderen» bezeichnete. Der Schriftsteller und Kritiker Reinhard Baumgart nannte dies ein «lügnerisches Stilisierungsprinzip». 1993 veröffentlichte der Schriftsteller W. G. Sebald in der Zeitschrift Lettre einen Essay, in dem er Anderschs Selbstdarstellung als Deserteur und Widerständler anzweifelte und ihm u. Vorwarf, seine Biografie «verundeutlicht» und beschönigt zu haben. Sebald hat zweifellos mit seiner Attacke den Ruf des Autors erheblich beschädigt.
Die im Buch beschriebenen roten Türme stehen in Wirklichkeit in Wismar, ebenso wie Helanders Kirche St. Georgen. Die 1930 entstandene und später von den Nazis als «entartet» eingestufte Holzplastik «Lesender Klosterschüler» von Ernst Barlach befindet sich in Güstrow, wo ihr Erschaffer lebte und arbeitete. Als Sansibar oder der letzte Grund 1957 in die Buchläden kam, lag noch immer ein dicker Schleier des Vergessens über der jüngsten deutschen Geschichte.
Kapitel: Gregor – Knudsen
Aufgrund der Verdichtung der Handlung auf nur einen Ort und der Zeitspanne von 24 Stunden ist es umso wichtiger, den Überblick über die gesamte Handlung zu behalten. Hierbei helfen die präzisen Angaben der jeweils auftretenden Figuren und die des Ortes und der Zeit zu jedem einzelnen Kapitel. Der Leser kann sich damit in dem Werk bestmöglich orientieren. Der Junge ist auch verantwortlich für den Titel des Werks, denn auf er Suche nach Gründen für seine Flucht stolpert er in einem Atlas über die Insel Sansibar.
Im Oktober 1937 kommt er von Berlin nach Rerik, um Fischer Knudsen, dem letzten dort aktiven Genossen, Instruktionen übermitteln. Gregor selbst hat sich von der Partei distanziert und plant seine Flucht ins Ausland. Unterdessen bittet der kriegsversehrte und regimekritische Pfarrer Helander, der sich von Gott und der Kirche verlassen fühlt, Knudsen um Unterstützung. Die als »entartete Kunst« diffamierte Holzskulptur »Lesender Klosterschüler« soll konfisziert werden. Pfarrer Helander verlangt von Knudsen, sie in das schwedische Killinge in Sicherheit zu bringen.
Sie hofft, in Rerik ein ausländisches Schiff zu finden, das sie mitnimmt. Ihre an den Beinen gelähmte Mutter hat sich am Vortag das Leben genommen. Sie wollte Judith dazu bewegen, endlich von dem verschlafenen Hafenstädtchen aus die Flucht zu wagen und nicht wegen ihrer kranken Mutter eine Verhaftung zu riskieren. Beim Blick auf die tote, leere Stadt mit den sechs riesigen, roten Kirchtürmen sinkt jedoch Judiths Mut. Der fette Gastwirt ahnt offenbar, dass Judith etwas zu verbergen hat und deutet lüstern einen nächtlichen Besuch an, um sich ihren Pass anzusehen. Noch während sie schaudernd darüber nachdenkt, legt im Hafen ein schwedisches Schiff an.
Autor Des Werkes
Kurz darauf geht das Licht wieder an, doch das Boot ist schon außer Gefahr, entdeckt zu werden. Gregor sieht Judith am Kai stehen, als der schwedische Dampfer einläuft. Er erkennt sofort, was mit ihr los ist und worauf sie hofft. Es scheint unwahrscheinlich, dass die Mannschaft das Risiko auf sich nehmen wird, eine Jüdin aus dem Land zu schmuggeln. Judith und Gregor folgen den Seemännern in den Gasthof, wo der Wirt offenbar noch immer von einem nächtlichen Schäferstündchen mit Judith ausgeht. Ein ziemlich betrunkener Schwede bietet ihr einen Schnaps an, den sie ablehnt.
Kapitel: Helander – Knudsen
Der Aufbau des Romans ähnelt also der Abfolge von Auftritten in einem Theaterstück. Heinrich Knudsen ist als Fischer der Arbeiter schlechthin. Kommunist ist er gleichsam von Natur aus; Theorie und Ideologie, wie er sie von Gregor repräsentiert findet, machen ihn nicht satt.
Knudsen, der Anhänger der roten Partei in Rerik ist, weigert sich dem Pfarrer zu helfen. Die Erinnerung daran sei in «graues Licht» gehüllt gewesen und habe eine «magische Qualität» angenommen. Wer jedoch in dem realen Ostseebad Rerik nach Schauplätzen des Romans sucht, wird enttäuscht.