Dies führt zu seinem Würdeverlust und letztendlich zu seinem Tod, weil er sich gegen eine Abreise aus Venedig entscheidet, um bei Tazio zu bleiben. Außerdem zeichnet sich das Werk durch einen gehobenen Sprachstil aus und die Novelle folgt einer sehr klaren Struktur. Wie bereits erwähnt, erinnert der Aufbau an die klar eingeteilten Akte eines Dramas. Diera Aspekte sprechen für den Einfluss der Strömung des Neoklassizismus, die Merkmale und Stile der Weimarer Klassik (1786–1832) wieder aufleben ließ.
Er ist zu gleichen Teilen fasziniert und schockiert über die Vielfältigkeit der Menschen. An Deck sieht er einen stark geschminkten und sehr modern gekleideten älteren Mann, der sich unter eine Gruppe jüngere Männer gemischt hat. Aschenbach ist entsetzt, dass dieser Mann von den Anderen akzeptiert wird.
Aschenbach verliebt sich in den Jungen und begehrt ihn. Mann verarbeitet in seiner Novelle seine eigenen Eindrücke eines Venedig-Urlaubs, seine heimliche Homosexualität und den Zwiespalt zwischen Kunst und Bürgertum. Rot steht in «Der Tod in Venedig» für den nahenden Tod, kann also als Warnfarbe aufgefasst werden. Rötliche Brauen und als Aschenbach dem Straßensänger zuhört, trinkt er rote Granatapfelschorle. Der Granatapfel steht in der griechischen Mythologie für die Götter der Unterwelt und ist somit ein Todessymbol. Tadzios Jugend und äußere Schönheit werden von Aschenbach regelrecht vergöttert.
Mann, Thomas – Der Tod In Venedig – D
Selbstverständlich und gewohnheitsmäßig, wie es schien, duldeten sie ihn in ihrer Mitte, behandelten ihn als ihresgleichen, erwiderten ohne Abscheu seine neckischen Rippenstöße. Aschenbach bedeckte seine Stirn mit der Hand und schloß die Augen, die heiß waren, da er zu wenig geschlafen hatte. Als Tadzio und seine Familie dann doch Vorbereitungen treffen, um abzureisen kehrt Aschenbach ein letztes Mal zum Strand zurück und beobachtet Tadzio. Woche seines Aufenthalts reisen viele Touristen ab und Anschläge in der Stadt warnen vor Wasser aus Kanälen und dem Genuss von Meeresfrüchten. Außerdem bemerkt er süßlichen nach Desinfektion riechenden Geruch in der Stadt. Aschenbach ist so fixiert auf Tadzio, dass er sogar seinen ganzen Tagesablauf auf Tadzio ausrichtet, so dass sein Tag nach dessen Verschwinden einfach zu Ende ist.
Als er den Jungen erneut im Hotel sieht, wird ihm klar, dass er seinetwegen dort bleiben möchte. Bei einem Ausflug nach Venedig stellt er seine Abneigung gegen die schlechte Luft und das Gedränge der Menschen fest, woraufhin er sich erneut zu einer Abreise entschließt. Als er aber auf dem Weg zum Schiff Tadzio wiedersieht, bereut er seine Entscheidung. Da das Wetter am nächsten Morgen erneut schlecht ist, denkt der Schriftsteller über eine Abreise nach. Dieser Gedanke verfliegt allerdings schnell wieder, als er den schönen Jüngling erneut beim Frühstück erblickt. Auf seiner Reise wird ihm schnell klar, dass er sich in einer völlig fremden Welt befindet.
Mann, Thomas: Der Tod In Venedig
Später lässt sich Aschenbach sogar selbst beim Friseur verjüngen, um für den jungen Tadzio attraktiver zu erscheinen. Dies ist ein Hinweis auf den Verlust seiner Würde und den zunehmenden Verfall Aschenbachs, da er seine eigenen Ideale vernachlässigt, um einen Jungen zu beeindrucken. Aschenbach geht zum Friseur und möchte mit Make-up und gefärbten Haaren sein Aussehen verjüngen, um Tadzio zu gefallen.
Aschenbach fühlt sich auf irgendeine Weise zu dem Jungen hingezogen. Anfangs versucht er seine Gefühle für Tadzio noch zu unterdrücken und will verfrüht aus Venedig abreisen, doch er kann sich von dem Jungen nicht losreißen und bleibt in Venedig. Nach kurzer Zeit lässt er schließlich seinen Gefühlen freien Lauf und er beginnt Tadzio zu beobachten. Etwa drei Wochen nach Aschenbachs Ankunft in Venedig bricht die Cholera aus.
Aschenbach zieht ins Hotel ein und nimmt dort ein Zimmer mit Aussicht. Abends entdeckt von Aschenbach in der Hotelhalle am Tisch einer polnischen Familie einen langhaarigen Knaben „von vielleicht vierzehn Jahren“, der ihm als „vollkommen schön“ erscheint. Er deutet seine Faszination als ästhetisches Kennertum, eine Kunstauffassung vertretend, die die Sinnlichkeit der Kunst verleugnet.
Zwar kann Aschenbach mit seinem Schaffen zufrieden sein, aber er merkt zunehmend, dass sein künstlerisches Talent auch eine Bürde ist. Sein Arbeitsfluss ist gehemmt, sein Einverständnis mit dem eigenen Werk geschwunden. Die Vorstellung, vier Wochen im Süden zuzubringen, verspricht neuen Esprit und neue Antriebskräfte, sodass Aschenbach eine Ferienreise vor sich selbst rechtfertigen kann. Wegen des schlechten Wetters und einer ominösen Krankheit, die in der Stadt grassiert, will Aschenbach wieder abreisen, überlegt es sich aber kurzfristig anders.
Ihr Fremdsein wird immer mehr, besonders dann in der Gestalt des Gitarristen und Sängers, zu einem Merkmal des Dionysischen. Der mythologischen Forschung am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts galt Dionysos noch als eine ursprünglich dem Griechentum fremde Gottheit, die aus Kleinasien nach Griechenland gekommen war. Herkunft, Lebensweg und Charakter Aschenbachs werden beschrieben, dazu seine Werke, ihr literarischer Stellenwert und ihre Publikumswirkung. Aschenbach ist schon lange verwitwet und lebt allein.
Nach einer Weile auf der Insel merkt er, nicht den Ort seiner Bestimmung getroffen zu haben und entschliesst sich das Schiff nach Venedig zu nehmen. Auf dem Schiff bemerkt er eine Gruppe von jungen Leuten, die alle bei- sammen sitzen und lachen. Mit Entsetzen fest er fest, dass einer von ihnen gar nicht jung ist, sondern ein Greis, der sein wahres Alter mit Hilfe von Schminke und Perücke versteckt.
Aschenbach versucht den Namen des Jungen ausfindig zu machen. Nach mehrmaligem Hinhören und mit Hilfe einiger polni-schen Erinnerungen stellt er fest, dass Tadzio gemeint sein muss. Am Nachmittag geht Aschenbach in sein Zimmer und betrachtet vor dem Spiegel sein graues Haar und sein altes Gesicht und zeigt eine gewisse Unzufriedenheit.