Wie man es macht

Wwwdhmde/lemo/kapitel/weimarer-republik

Wie der Aufstand in Berlin konnte auch die von der USPD Anfang April 1919 proklamierte Münchner Räterepublik nur mit Unterstützung massiver und äußerst brutaler Einsätze von Freikorpsformationen niedergeschlagen werden. Die revolutionäre Massenbewegung verlor nach dieran Kämpfen entscheidend an Dynamik. In der Folgezeit rüstete die radikale Linke zwar wiederholt zum Sturz der Weimarer Republik, eine breite Anhängerschaft wie noch im November/Dezember 1918 konnte allerdings zu keinem Zeitpunkt mehr mobilisiert werden. Aufgerufen von Revolutionären Obleuten, zumeist dem linken Flügel der USPD nahestehende Vertrauensleute in den Betrieben, traten die Arbeiter in den Ausstand. Zu Hunderttausenden formierten sie sich zu gewaltigen Demonstrationszügen durch das Zentrum der Reichshauptstadt. Ihnen schlossen sich die Soldaten der drei Jägerbataillone an, die zu diesem Zeitpunkt als einzige Truppen in Berlin stationiert waren.

www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik

Von den zwischen 1919 und 1933 verliehenen 36 naturwissenschaftlichen Nobelpreisen ging jeder dritte an einen Forscher aus Deutschland. In Dresden wurde dem staunenden Publikum 1930 «Der gläserne Mensch» präsentiert. Nationalismus und Verachtung der Weimarer Republik kennzeichneten die einflussreichen Korporationen, deren Angehörige in Uniformen mit Mütze und Zipfel vielfach das Bild der Universitätsstädte prägten. Hohes Sozialprestige genossen Hochschullehrer, die als Kern des Bildungsbürgertums häufig elitären Kastengeist und traditionelle Wertvorstellungen vermittelten. Die von Straßenkrawallen, ständigen Arbeitskämpfen um den Achtstundentag und den Folgen der Weltwirtschaftskrise zermürbten Parteien versuchten zunehmend, sich der immer unbequemer werdenden politischen Verantwortung zu entziehen.

Dafür erfüllte er die Forderung Hitlers nach Reichstagneuwahl durch Parlamentsauflösung. Ein Novum trat 1925 mit der ersten Regierungsbeteiligung der monarchistischen DNVP ein. Koalitionspartner der Deutschnationalen in der sogenannten «Bürgerblock»-Regierung unter Luther waren das Zentrum, die DVP und die Bayerische Volkspartei . Die behutsame Annäherung der Deutschnationalen an die Republik wurde unterstützt durch die erste verfassungsmäßig vorgesehene Reichspräsidentenwahl 1925. Aus ihr ging Paul von Hindenburg als Kandidat der im «Reichsblock» zusammengeschlossenen Rechtsparteien als Sieger hervor. Die nationalen Kräfte nutzten die große Popularität des 78-jährigen Kriegshelden, um an der Schaltstelle der Macht einen Mann zu positionieren, der als Anhänger der Monarchie aber keinesfalls als stabilisierender Faktor der Demokratie galt.

Die Printmedien erlebten ebenso wie die Kinos einen stürmischen Aufschwung. Die visuelle Erfahrung erreichte ein Massenpublikum, Ende der 20er Jahre gingen in Deutschland täglich etwa zwei Millionen Menschen in über 5.000 Kinos. Die Universum Film AG in Potsdam-Babelsberg entwickelte sich nach Hollywood zum zweitgrößten Filmimperium der Welt, wo internationale Klassiker wie der 1927 uraufgeführte Stummfilm «Metropolis» produziert wurden. 1930 gelang Marlene Dietrich mit dem ersten großen deutschen Tonfilm «Der blaue Engel» der Durchbruch zum Weltstar. Ihren vorläufigen Höhepunkt erlebte die Krise im Deutschen Reich durch die Ruhrbesetzung französischer und belgischer Truppen 1923. Die Reichsregierung unter dem parteilosen Wilhelm Cuno rief die Bevölkerung zum «passiven Widerstand» auf.

Gleichzeitig veränderte sich aufgrund der Weltwirtschaftskrise die parteipolitische Landschaft nachhaltig. Die liberale DDP und die DVP waren nach verheerenden Niederlagen in der Reichstagswahl am 14. September 1930 kaum noch als ernstzunehmende politische Kräfte wahrnehmbar. Dagegen begann der Aufstieg der NSDAP zur Massenbewegung, und auch die KPD gewann immer neue, von der politischen und sozialen Situation frustrierte Wähler hinzu.

Die Goldenen Zwanziger Der Weimarer Republik

Massenverelendung kennzeichneten die Alltagssituation breiter Bevölkerungsschichten. Resignation und Verzweifelung waren Begleiterscheinungen der Krise, in der Tausende ihr als nutzlos empfundenes Leben freiwillig beendeten. Um dem gefürchteten sozialen Abstieg und der Obdachlosigkeit zu entgehen, mussten Arbeitslose jede Gelegenheit eines kleinen Verdienstes ergreifen.

Zu Anfang der 1920er-Jahre stellten die expressionistischen Künstler in Theater und Malerei Menschen als Marionetten, Maschinen oder als «Masse» dar. Viele vom Ersten Weltkrieg desillusionierte Künstler bekämpften provokant die Relikte der wilhelminischen Gesellschaft, die sich in der jungen Republik behauptet hatten. Schonungslos sezierte beispielsweise George Grosz in seiner Bildermappe «Ecce Homo» die Phänomene der Zeit, während auch andere Maler wie Heinrich Zille versuchten, Armut und Hunger bildlich zu beschreiben. Die Avantgarde gewann zu Beginn der 1920er Jahre an öffentlicher Anerkennung. In zahlreichen Ausstellungen und Museen waren Bilder von modernen Künstlern einem breiten Publikum im Deutschen Reich zugänglich.

www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik

Für eine langfristige innenpolitische Stabilität bildeten sie eine ebenso große Hypothek wie die in den 1920er Jahren an Häufigkeit kaum zu überbietenden Wechsel der Kabinette und Koalitionen. Insgesamt erlebte die Weimarer Republik innerhalb von 14 Jahren 16 Reichsregierungen mit einer durchschnittlichen Dauer von acht Monaten. Die Anonymität der Großstadt erleichterte es Frauen, sich von der traditionellen Rollenzuweisung zu distanzieren und neue Lebensformen zu entwickeln. Ungehemmt von Prüderie und hierarchisierten gesellschaftlichen Normen wie zu Wilhelminischer Zeit konnten Frauen und Männer bisher weitgehend unbekannte Lebensentwürfe ausprobieren.

Kämpfe In Berlin 1919

An ihre Stelle trat der Reichstag, der sich in den nächsten Jahren vor allem mit dem sozialen Elend in Deutschland und mit alliierten Reparationsforderungen konfrontiert sah. Durch vermeintliche Erfüllung der geforderten Reparationen versuchte die im Mai 1921 eingesetzte Regierung unter Joseph Wirth den Nachweis zu erbringen, dass die Forderungen zu hoch und für Deutschland unerfüllbar wären. Für die sämtliche Reparationsforderungen strikt ablehnende extreme Rechte war das Kalkül nicht erkennbar. August 1921 ermordete Matthias Erzberger, der als Initiator der Friedensresolution von 1917, als Unterzeichner des Waffenstillstands von 1918 und als Urheber der Finanzreform 1920 von Nationalisten wie kein zweiter Politiker gehasst wurde.

Die SPD-Führung wollte sich an die Spitze der revolutionären Bewegung stellen und durch Regierungsumbildung ein Blutvergießen verhindern. Unter allen Umständen versuchte Ebert zu vermeiden, dass der bislang nahezu unblutig verlaufende Umsturz ähnlich der Revolution in Russland zu einem Bürgerkrieg ausartete. Einer demokratisch zu wählenden Nationalversammlung sollte die Entscheidung über die zukünftige Staatsform des Deutschen Reiches vorbehalten bleiben. Zutiefst empört zeigte sich Ebert daher, als sein Parteifreund Philipp Scheidemann ohne Rücksprache um 14 Uhr von einem Fenster des Reichstages die Republik ausrief.

Die politische Instabilität der Republik sowie die katastrophale wirtschaftliche und soziale Situation waren 1923 ein idealer Nährboden für extremistische Gruppierungen unterschiedlicher Couleur. Im Westen des Reichs formierten sich mit Unterstützung der Besatzungsmächte Separatistenbewegungen, welche die Loslösung des Rheinlands vom Deutschen Reich anstrebten, letztendlich aber ebenfalls niedergeschlagen wurden. Das Scheitern des Aufstands sowie die Ermordung Luxemburgs und Liebknechts durch Mitglieder eines Freikorps radikalisierte einen erheblichen Teil der Arbeiter. Sie fühlten sich verraten von der Politik der SPD, die ihre Kontakte zur Armeeführung, den bürgerlichen Parteien und zu Wirtschaftsführern stetig intensivierte. Die einstmals so geschlossene Front der Arbeiterschaft war tief gespalten.

Die Folgen des Ersten Weltkriegs waren im Alltagsleben der Deutschen nach Kriegsende stets präsent. Kriegsversehrte prägten ebenso das Straßenbild wie unterernährte Kinder und Erwachsene, die nach den entbehrungsreichen Jahren der staatlichen Nahrungsmittelrationierung sehnsüchtig auf ausreichende Mahlzeiten und einen vollen Speiseplan hofften. Der chronische Mangel an Grundnahrungsmitteln förderte Hamsterfahrten und einen regen Schleichhandel, bei dem sämtliche Arten von Wertgegenständen gegen Kartoffeln, Eier, Mehl oder Zucker getauscht wurden. Arbeitslosigkeit sowie Hunger und soziales Elend führten zu einer Kriminalisierung des Alltags, bei dem im Kampf ums nackte Überleben Diebstähle von Lebensmitteln und Plünderungen von Geschäften mancherorts gravierende Ausmaße annahmen.

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler und die Vereidigung seines Kabinetts am 30. Januar 1933 erfolgte aufgrund eines Gerüchtes über einen unmittelbar bevorstehenden Militärputsch in einer hektischen Atmosphäre. Angeblich planten Schleicher und General Kurt von Hammerstein-Equord mit der Verhaftung Hindenburgs, die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler verhindern zu wollen. Damit zerstreuten sich beim Reichspräsidenten auch die letzten noch möglichen Bedenken gegenüber einer Kanzlerschaft Hitlers. Die Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern des Young-Plans wurden nicht nur verbal ausgeführt.

Nach der Regierungsbeteiligung der DNVP vollzog sich damit ein weiterer Schritt der Republik nach rechts. Innenpolitisch weit weniger dramatisch und ohne gewaltsame Umsturzversuche verliefen die Jahre von 1924 bis 1929. Die Währungsreform im November 1923 und die mit dem Dawes-Plan verbundenen amerikanischen Kredite leiteten im Vergleich zu den vorausgegangenen Jahren eine Phase relativer Stabilisierung ein. Die radikalen Flügelparteien erlitten erhebliche Verluste, als Sieger aus der Wahl ging die SPD hervor. In den Jahren zwischen den beiden Reichstagswahlen von Dezember 1924 und Mai 1928 bevorzugten die von der Regierungstätigkeit überdrüssigen Sozialdemokraten jedoch die Oppositionsrolle.